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Vorhofflimmer-Therapie heute

Alternativen zur Blutverdünnung

Vorhofflimmern ist eine Volkskrankheit, die insbesondere ältere Menschen betrifft. Eine optimale Therapie muss differenziert erfolgen und ist daher sehr anspruchsvoll. Patienten mit Vorhofflimmern gehören daher in die Hände von Spezialisten.

Wenn das Herz rast oder stolpert und die körperliche Belastbarkeit reduziert ist oder Patienten schon bei leichter Belastung an ihre Grenzen kommen, kann Vorhofflimmern die Ursache sein. Vorhofflimmern ist mit knapp 2 Millionen Betroffenen die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung in Deutschland. Mit zunehmendem Alter nimmt die Prävalenz von Vorhofflimmern zu. Die steigende Lebenserwartung mit einer immer älter werdenden Bevölkerung unterstützt diese Entwicklung. Bleibt Vorhofflimmern unerkannt, drohen u.a. Schlaganfälle und Herzschwäche.

Schritt für Schritt zur optimalen Therapie

Vorhofflimmern geht mit einem erhöhten Risiko von Schlaganfällen und Embolien einher. Ob das Vorhofflimmern vom Patienten bemerkt wird oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Untersuchungen zeigen, dass bereits nach wenigen Minuten von Vorhofflimmern das Risiko für Schlaganfälle nachweisbar steigt. Die Grundlage der Vorhofflimmer-Therapie bildet daher immer die optimale Schlaganfallprophylaxe. 

Risiko variiert deutlich

Nicht jeder Patient mit Vorhofflimmern hat ein gleichermaßen erhöhtes Schlaganfallrisiko. Das individuelle Risiko wird vom Arzt anhand von Risikomerkmalen abgeschätzt. Dabei ist das Vorliegen z.B. eines Bluthochdrucks, einer Herzschwäche oder eines Diabetes mellitus ungünstig. Aber auch ein Alter über 65 (über 75 noch deutlicher) und Frauen (teils) per se haben ein erhöhtes Risiko. Liegt ein erhöhtes Risiko vor, muss zusammen mit dem betroffenen Patienten entschieden werden, welche weiteren Schritte eingeleitet werden müssen. Dabei stand historisch gesehen der Blutverdünner Marcumar® an erster Stelle. Es soll die Bildung von Blutgerinnseln im Herzen verhindern. Problem ist jedoch, dass es eine enge therapeutische Breite hat (also die Dosierung regelmäßig anhand von Blutwerten festgelegt werden muss). Besonders störend sind Interaktionen mit zahlreichen Nahrungsmittel. Ist Marcumar® nicht optimal eingestellt, ist der schützende Effekt unzureichend (bei Unterdosierung) oder das Blutungsrisiko steigt drastisch (bei Überdosierung). Seit einigen Jahren gibt es daher neue Blutverdünner (NOACs), die genauso effektiv wie Marcumar® vor Schlaganfällen schützen, aber weniger Blutungskomplikationen haben. Zusätzliche Vorteile dieser neuen Präparate (z.B. Apixaban, Dabigatran, Edoxaban oder Rivaroxaban) sind die immer gleichbleibende Dosierung und die fehlenden Nahrungsmittelinteraktionen. Letztlich muss bei jedem Patienten eine Abwägung zwischen Vor- und Nachteilen der einzelnen Wirkstoffe erfolgen, um den jeweils optimalen Weg zu finden. 

... und wenn eine Blutverdünnung nicht vertragen wird

Katheter

In einzelnen Fällen kann die Behandlung mit Blutverdünnern sehr schwer sein. So gibt es beispielsweise Patienten, die aufgrund von Begleiterkrankungen oder aufgrund angeborener Gerinnungsstörungen ein erhöhtes Blutungsrisiko haben. Bei dieser Gruppe von Patienten ist die Behandlung eines stark erhöhten Schlaganfallrisikos mit Blutverdünnern unter Umständen problematisch. Diesen Patienten kann neuerdings ein sog. Vorhofohrverschluss optional angeboten werden. Bei diesem Verfahren wird mittels eines kleinen Schirmchens (Abbildung rechts: Schirmchen zum Verschluss des Vorhofohrs ©Boston Scientific) ein etwa Daumen-großer, blind-endender muskulärer Sack im Herzen verschlossen, in dem sich die meisten Blutgerinnsel bei Vorhofflimmern bilden (das sogenannte linke Vorhofohr). Für die normale Herzfunktion ist das Vorhofohr ohne Bedeutung. Wird dieser Sack also im Rahmen eines Kathetereingriffs in örtlicher Betäubung abgedichtet, kann so die Hauptemboliequelle für Schlaganfälle beseitigt werden und so auf eine dauerhafte orale Blutverdünnung verzichtet werden. Ob und welches Verfahren das optimale ist, wird in einem individuellen Gespräch mit dem Arzt erörtert.

Beschwerden entscheiden über die Therapiestrategie

Im nächsten Schritt wird dann gemeinsam mit dem Patienten entschieden, welche weiterführende Therapie gewünscht wird. Es kommen zwei grundlegende Strategien in Frage: die Wiederherstellung des normalen Rhythmus (Rhythmuskontrolle) und die reine Optimierung der Herzfrequenz (Frequenzkontrolle). Für welche Strategie man sich entscheidet, hängt ganz entscheidend von den geäußerten Beschwerden ab. So ist bei einem Patienten mit keinen ohne nur minimalen Beschwerden ein Akzeptieren des Vorhofflimmerns sinnvoll. In diesem Fall wird lediglich sichergestellt, dass die Pulsfrequenz nicht zu hoch oder zu niedrig ist. Typische Medikamente zur Optimierung eines zu schnellen Vorhofflimmerns (oder Tachyarrhythmia absoluta genannt) sind β-Blocker. Leidet ein Patient jedoch unter starkem Herzstolpern oder -rasen, klagt über eine eingeschränkte körperliche Belastbarkeit oder ausgeprägte Kurzatmigkeit während des Vorhofflimmerns, so sollte zu einer Rhythmuskontrolle (also den Erhalt des normalen Sinusrhythmus) geraten werden. Hier wird in der Regel, wenn das Vorhofflimmern nicht spontan terminiert, eine Elektroschocktherapie durchgeführt werden. Dabei wird der Patient unter kurzen Narkose wieder in den normalen Rhythmus versetzt. Anschließend wird mit einer spezifischen antiyarrhythmischen Therapie der Erhalt des normalen Rhythmus unterstützt und das erneute Auftreten von Vorhofflimmern vermieden. Dabei kommen z.B. Medikamente wie Amiodaron, Dronedarone, Sotalol, Flecainid oder Propafenon zum Einsatz.

Versagen Medikamente, wird die Katheterablation erwogen

Kommt es dennoch zu erneuten symptomatischen Vorhofflimmer-Rezidiven, sollte im folgenden Schritt auch eine Katheterablation der Herzrhythmusstörung (sog. Pulmonalvenenisolation) nachgedacht werden. Maßgeblich für den dauerhaften Erfolg der Rhythmus-erhaltenden Therapie sind z.B. Faktoren wie die Dauer des Vorhofflimmerns, das Vorhandensein einer Schlafapnoe oder eines Bluthochdrucks, die Herzfunktion, die Größe der Herzkammern und –vorhöfe sowie das Vorliegen von relevanten Herzklappenfehlern. Hier müssen alle Aspekte sorgfältig abgewogen werden und mit dem Patienten gemeinsam eine Entscheidung über das Vorgehen getroffen werden. Dabei sollte berücksichtig werden, dass sich mit zunehmender Dauer des Vorhofflimmerns Veränderungen am Herzen einstellen, die dem dauerhaften Therapieerfolg entgegenwirken. 

Als ultima ratio: ablate and pace

Nur wenn anderen Maßnahmen erschöpft wurden und man trotz aller Anstrengung ein hoch-symptomatisches Vorhofflimmern nicht kontrollieren kann, kommt die sogenannte ablate-and-pace Strategie zum Zuge. Dabei wird dem Patienten zunächst ein Herzschrittmacher eingesetzt und nach einer Einheilphase der AV-Knoten mittels Katheterverödung durchtrennt. Ist der AV-Knoten einmal durchtrennt, ist dies irreversibel und der Patient dauerhaft abhängig von seinem zuvor eingesetzten Herzschrittmacher, da die Hauptkammern andernfalls nur mit einer Pulsfrequenz von 20-40 Schlägen/min arbeiten würden. Vorteil dieser radikalen, als ultima ratio geltenden Strategie, ist, dass damit in den meisten Fällen auch hartnäckig und hochsymptomatischen Patienten geholfen werden kann.

 

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