Alles zur Kniegelenk-Endoprothese
Wann ist die Zeit reif für ein künstliches Kniegelenk, eine Teilendoprothese oder eine Totalendoprothese?
Den richtigen Zeitpunkt für ein künstliches Kniegelenk, die Kniegelenk-Endoprothese, kann man nicht nur anhand eines Röntgen- oder MRT-Bildes festlegen – entscheidend sind vor allem die Einschränkungen, die ein Mensch im täglichen beruflichen und privaten Leben erfährt.
Schmerzen beim Treppensteigen und bei Kniebeugen in der tiefen Hocke sind deutliche Anzeichen. Sportliche Aktivitäten, vor allem bei ‘Stop-and-go’ Sportarten (Tennis, Squash, Volleyball, Basketball) werden zu den typischen Belastungsschmerzen führen. Auch lange Autofahrten in derselben Kniegelenk-Stellung werden Beschwerden verursachen. In fortgeschrittenen Stadien können Gelenkergüsse hinzukommen.
Bringen konservative Therapien (siehe Informationen unter Kniearthrose) keine Linderung mehr, sind der Leidensdruck und die Einschränkungen Ihrer Lebensqualität durch die Symptome der Arthrose so groß, dass der aktuelle Zustand für Sie so nicht mehr akzeptabel ist, dann machen Sie sich mit Ihren Möglichkeiten vertraut:
- Gelenkerhaltende Umstellungsosteotomie
- Implantation einer Teilendoprothese (Schlittenprothese)
- Totalendoprothese (bikondyläre Oberflächenersatzprothese)
- Bei Kniescheibenarthrose: speziell angepasste Schlittenprothese für die Kniescheibe
Grundsätzliches zum künstlichen Kniegelenk
Der Fachbegriff für 'künstliches Gelenk' ist 'Endoprothese'. Eine Kniegelenk-Endoprothese muss die Funktionen des natürlichen Gelenks (siehe Erläuterung im Kasten) übernehmen, wenn durch Arthrose vor allem der Knorpel und der angrenzende Oberschenkel- und Schienbeinknochen, gelegentlich auch die Kniescheibe, zerstört sind.
Eine Endoprothese für das Kniegelenk hält heute etwa 20 Jahre. Muss sie gewechselt werden, ist meist eine ‘aseptische Lockerung’ (aseptisch = nicht infektiös) der Grund dafür: Das Gelenk sitzt nicht mehr stabil im Knochen.
Typische Risikofaktoren für eine nicht infektionsbedingte Lockerung des künstlichen Kniegelenks sind verminderte Knochenqualität und extreme tägliche Belastungen der Kniegelenke.
Eine sogenannte septische, also durch einen bakteriellen Infekt verursachte Lockerung kann z. B. durch Zahnprobleme verursacht werden, bei denen Bakterien über die Blutbahn in das Areal des künstlichen Gelenks transportiert werden.
Also Vorsicht bei Infektionen der Zähne, aber auch im Bereich von Hals, Nase und Ohren sowie bei infizierten Wunden. Suchen Sie lieber einen Arzt auf, der zum Schutz der Endoprothese rechtzeitig eine Antibiotika-Therapie durchführen kann.
Nun zu den Optionen.
/ Gelenkerhaltende Umstellungsosteotomie
Eine O- oder X-Beinstellung kann zu einer Kniearthrose führen, die nur einen Teil des Knorpels verschleißt. Bei der medialen Gonarthrose ist das der innere Teil des Kniegelenks (Bei O-Beinstellung bezeichnet der Mediziner dies als Varus-Gonarthrose). Ist der äußere Anteil des Kniegelenks abgenutzt, liegt eine laterale Gonarthrose vor (Bei X-Beinstellung: Valgus-Gonarthrose).
Sind die Bänder intakt und die Arthrose ist noch nicht zu extrem ausgeprägt, kann insbesondere bei jüngeren Patienten eine sogenannte Umstellungsosteotomie erwogen werden.
Osteotomie ist der Fachbegriff für Knochenschnitt. Das Prinzip dieses Verfahrens ist es, durch eine Korrektur der Oberschenkel- oder Unterschenkelachse das Bein zu begradigen, um eine ausgeglichenere Lastverteilung im Kniegelenk zu erzielen.
Der begradigte Oberschenkel- oder Schienbeinknochen wird während der Operation mit einer Titanplatte stabilisiert. Dadurch wird gewährleistet, dass der Knochen gut heilen kann. Vor der Operation wird die Achsenkorrektur auf speziellen Röntgenaufnahmen (Ganzbein-Standaufnahmen) genau geplant.
/ Unikondyläre Kniegelenk-Endoprothese
Unikondylär bedeutet, dass lediglich eine Hälfte der Gelenkfläche ersetzt wird, also eine Teilendoprothese eingesetzt wird. Je nach Befund kann dies auf der Innen- oder der Aussenseite des Kniegelenks sein.
Beispiele hierfür sind der patellofemorale Gleitlagerersatz (PFJ) bei isolierter Retropatellergelenksarthrose sowie die mediale oder laterale unikondyläre Oberflächenersatzprothese (‘Schlittenprothese’) bei alleiniger medialer oder lateraler Gonarthrose. Ein Teilgelenksersatz ist sinnvoll, wenn die Bandstrukturen intakt sind und kein zu ausgeprägtes O- oder X-Bein vorliegt. Ein höheres Lebensalter spricht eher gegen einen Teilgelenkersatz.
/ Bikondyläre Knie-Endoprothese
In den Fällen, in denen ein Teilgelenkersatz nicht sinnvoll ist, implantiert man eine Totalendoprothese (TEP), also eine bikondyläre Oberflächenersatzprothese. Etabliert haben sich Endoprothesen-Modelle mit zwei Metallkomponenten und einem Polyethylen-Inlay.
Die Metallkomponenten bestehen aus einer Speziallegierung und dienen als Oberflächenersatz des Oberschenkelknochens und des Schienbeinkopfs. Sie werden mit Hilfe von speziellem Knochenzement (Pallacos) stabil verankert, so dass Sie unmittelbar nach der Operation mit vollem Körpergewicht auftreten und laufen können.
Der Operateur fixiert das Inlay je nach Prothesenmodell fest oder drehbar auf den Schienbeinkopfersatz. Die Stabilität des künstlichen Kniegelenkes wird – unterstützt durch Muskulatur und Gelenkkapsel – vor allen durch die körpereigenen Seitenbänder und das hintere Kreuzband gewährleistet.
Sind die Bänder jedoch instabil oder es besteht eine starke O- bzw. insbesondere eine X-Beinstellung, wird die Stabilität des künstlichen Kniegelenkes durch eine teilweise oder komplette ‘Kopplung’ der Oberschenkel- und Schienbeinkopf-Prothesenkomponente erzielt. Gleichzeitig wird die O- und X-Beinstellung durch den operativen Eingriff korrigiert.
Sollte zusätzlich die Kniescheibenrückfläche von der Arthrose betroffen sein, wird sie durch eine weitere Polyethylenkomponente ersetzt. Alternativ wird die Kniescheiben-Rückfläche mit speziellen Instrumenten wieder in ‘die anatomisch korrekte Form’ gebracht, d. h. es werden knöcherne Anbauten, sogenannte Osteophyten, entfernt
In jedem Fall wird die genaue Positionierung und Größe der Prothesenkomponenten vor der Operation auf speziellen Röntgenaufnahmen exakt geplant.